Nicht Süßes und Bischofshut, sondern Käppi und Döner

Der Nikolaus füllt heimlich Strümpfe und Stiefel mit Präsenten, oft kommt er zu den Kindern persönlich mit rotem Mantel oder als echter Bischof mit Stab und Mitra bekleidet. Der Nikolaus in Wittlich hingegen kam jetzt in Kochmütze, Käppi und weißer Jacke daher, brachte Herzhaftes statt Süßes.

Dabei roch es herrlich nach scharf gewürztem Grillgut, beschreibt der Volksfreund.de, wobei der Nikolaus mit der Grillzange knusprig krosse Fleischstreifen ins Fladenbrot habe fallen lassen. Danach folgten Tomaten, Kraut, Salat, auf Wunsch auch Peperoni, Zwiebeln und Käse. Man fühle sich wie in einem orientalische Döner Laden, trotzdem stehe man im Aufenthaltsraum der Rettungswache des Deutschen Roten Kreuzes am Krankenhaus von Wittlich. Kunden sind DR- Mitarbeiter, die Währung ist ein Dankeschön.

Dankeschön zu sagen ist nämlich die Motivation für den etwas anderen Nikolausabend, der sich als kleine interkulturelle Völkerverständigungsgeste verstehen soll. Initiator ist Celan Bayindir, der in der Friedrichstraße von Wittlich den Sultan Döner betreibt. Er will die Aktion im nächsten Jahr wiederholen, vielleicht dann am Nikolausabend bei der Polizei oder der Feuerwehr jenen Menschen etwas Gutes tun, die für andere rund um die Uhr da sind. Dabei spielten für sie Religion, Hautfarbe, sozialer Status oder Herkunft keine Rolle. Es werde angepackt ohne dass man dabei eine Gegenleistung erwarte.

So habe auch der Heilige Nikolaus den Armen sein Erbe vermacht. Außerdem stamme er aus der heutigen Türkei. Deshalb sei es auch schlicht die Pflicht eines Moslems, den Armen zu helfen. „Do sollst Deinem Nachbarn etwas davon anbieten, wenn du kochst“, weiß Bayindir.

An Bayindirs Tisch warten jetzt über 20 Frauen und Männer, hier hat der Döner Experte mit seinem Mitarbeiter das Essen schmackhaft dekoriert. Nach und nach wird der Döner auf silbernen Tellern serviert. In der DRK-Wache arbeiten von insgesamt 35 Mitarbeitern tagsüber zwölf, drei passen nachts aufs Wohl und Wehe der Mitbürger auf.

Auch viele, die Urlaub oder frei haben, sind zum Döner Essen gekommen, ferner Ärzte und Schwestern aus der Notaufnahme. 1978 immigrierte Celals Vater aus dem Südosten der Türkei nach Wittlich, hatte einen Job bei Ideal Standard. Bayindir junior zählte damals fünf Lenz. Deshalb seien ihm die deutschen Feiertage und Traditionen sehr vertraut. „Auch meine vier Kinder kriegen am Nikolausabend kleine Präsente. Und wenn wir Ramadan zelebrieren, feiern unsere Gäste auch mit uns.“

So paart der Türke islamische und christliche Kultur. Ursprünglich stammt er aus Urfa, das 80 km entfernt von dem der Region Wasser spendenden Fluss Euphrat gelegen ist. Dort hatte er seine ersten fünf Lebensjahre verbracht. Urfa ist die fünftheiligste Stätte des Islam, in der Antike hieß die Stadt Edessa. Nach islamischer Tradition wurde dort Abraham, der Urvater der Moslems und Christen geboren.

Die Stadt war ab dem Jahr 200 Sitz von Bischöfen Zentrum sind und ein Zentrum christlicher Lehre. Sie verfügt über eine wechselvolle Historie, es herrschten mal Kreuzfahrer, mal Muslime, mal die Byzantiner, bis 1637 das Osmanische Reich das Kommando übernahm. Ende des dritten Jahrhunderts wurde Nikolaus in Patara an der Lykischen Küste geboren, hier soll der Apostel Paulus Station während seiner dritten Missionarsreise gemacht haben. Mittlerweile existiert nur noch ein kleines ein Dorf mit einer Moschee. Die antike Stadt Myra ist rund 90 km östlich davon gelegen, hier befand sich in der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts der Bischofssitz des St. Nikolaus, im heutigen Demre.

1998 eröffnete Mehmet Bayindir in Wittlich einen Döner Imbiss, seit 2013 führen die Kinder die Geschäfte. „Wir sind ein Teil der Stadt, ich habe seit 2003 auch den deutschen Pass“, freut sich Bayindir. „Jeder kennt mich, egal, wo ich hingehe. Schließlich kann ich mich über alles unterhalten, auch über Politik, Formel 1 oder Fußball.“

Der Bürgerbeauftragte von Rheinland-Pfalz, Dieter Burgard, wurde von Bayindir als Schirmherr eingeladen, dieses Amt stammt auch aus der Türkei. Vor rund 100 Jahren hat der schwedische König Karl VII. dieses unparteiische Schiedspersonensystem aus dem Osmanischen Reich mitgebracht, wo er im Exil gesessen hatte.

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